Deutscher Gewerkschaftsbund

Prüfergewinnung und Prüferbetreuung

Prüfer*innen arbeiten ehrenamtlich in einem Prüfungsausschuss-Team. Der Prüfungsausschuss setzt sich paritätisch aus Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter*innen sowie einer Lehrkraft zusammen und besteht damit aus mindestens 3 Personen. Die wichtigste Aufgabe ist die Durchführung der Abschlussprüfung am Ende bzw. bei der gestreckten Abschlussprüfung auch im Laufe der dualen Berufsausbildung.

Dies beinhaltet die praxisnahe, fachkundige Abnahme von schriftlichen, mündlichen und/oder praktischen Prüfungen. Zu den Aufgaben im Prüfungsausschuss gehören aber auch die Vor- und Nachbereitung der Prüfungen.

Gute Gründe sich als Prüfer*in zu engagieren:

  • Die Tätigkeit als Prüfer*in ist ein gesellschaftlich wichtiges Ehrenamt zur Sicherung der Qualität in der Berufsausbildung.
  • Das Prüfen ermöglicht, die fachlichen und sozialen Kompetenzen sowie das Einfühlungsvermögen zu schulen und zu stärken.
  • Kontakt zu jungen Kolleg*innen und Einblicke in Berufsschulabläufe.
  • Vernetzung mit anderen Prüfer*innen.

Warum das Prüfer*innen-Ehrenamt für Ausbilder*innen besonders spannend ist:

  • Bestmögliche Vorbereitung der eigenen Auszubildenden auf die Prüfung.
  • Vernetzung mit anderen Ausbilder*innen und Prüfer*innen.
  • Die Erfahrungen und Kenntnisse als Ausbilder*in sorgen für praxisnahe Prüfungen.

Gute Gründe, warum Betriebe/Unternehmen Kollegen*innen unterstützen sollten, Prüfer*in zu werden:

  • Prüfer*innen halten ihr Wissen stets auf dem aktuellen Stand.
  • Prüfer*innen bekommen einen guten Einblick in die aktuelle Lage und Qualität der Ausbildungen.
  • Prüfer*innen repräsentieren den Betrieb / das Unternehmen nach außen und können sich mit anderen Prüfer*innen vernetzen.
  • Prüfer*innen lernen in der Abschlussprüfung kompetente, ausgelernte Fachkräfte kennen, die potenzielle Bewerber*innen für den eigenen Betrieb / das eigene Unternehmen sein können.
  • Prüfer*innen, die gleichzeitig Ausbilder*innen sind, können ihre Auszubildenden bestmöglich auf die Abschlussprüfungen vorbereiten und so zu einem erfolgreichen Prüfungsergebnis beitragen.

(vgl. Prüft mit! (ver.di))

  • Der Weg zur Prüfertätigkeit ODER Wie wird man Prüfer*in?

    Persönliche Eignung überprüfen / Anstoss und Motivation

    Zu Beginn steht die Frage:
    Wer oder was löst ein Interesse an der Prüfertätigkeit aus?

    Mögliche Antworten könnten sein:

    • ein starkes persönliches Interesse am Prüfungswesen
    • eine besonders positive (oder auch negative) Erfahrung aus der eigenen beruflichen Ausbildung / Prüfung
    • die Übernahme einer Ausbildungsfunktion
    • die Ermutigung durch Kolleg*innen
    • die Bitte einer*eines Vorgesetzten
    • ein Aufruf in einem gewerkschaftlichen Netzwerk

    Auch wenn der Auslöser von außen kommt, sollte die Motivation für die Prüfertätigkeit einem inneren Bedürfnis entspringen. Erfahrene Prüfer*innen profitieren insbesondere von der fachlichen und pädagogischen Kommunikation über Betriebsgrenzen hinaus. Sie schätzen die Möglichkeit, „am Puls der Zeit“ zu bleiben und das berufliche Prüfungswesen mitzugestalten.

    Jede* Interessierte kann seine Eignung selbst überprüfen (fachliche, formale, charakterliche und pädagogische Anforderungen). Empfehlenswert ist, sich mit erfahrenen Kolleg*innen im eigenen Betrieb zu beraten oder sich mit dem Berater*innennetzwerk seiner Gewerkschaft in Verbindung zu setzen.

    Interessent*innen, die eine Tätigkeit als Prüfer*in aufnehmen möchten, sich aber für diese Verantwortung noch nicht reif fühlen, können sich als Stellvertreter*in in einen Prüfungsausschuss berufen lassen oder erstmal in einem Prüfungsausschuss hospitieren. So können sie mit anfangs geringerer Eigenverantwortung in diese Tätigkeit hineinwachsen und sich z. B. über den Besuch von Prüfer*innenseminaren für Arbeitnehmervertreter*innen in Prüfungsausschüssen weiter qualifizieren.

    Aktuellen Bedarf ermittlen

    Genereller Bedarf

    Die Verantwortung für die Errichtung von Prüfungsausschüssen liegt bei den zuständigen Stellen und wird im Detail über das Berufsbildungsgesetz (BBiG), die Handwerksordnung (HwO) und die Prüfungsordnungen der zuständigen Stellen geregelt.

    Hier einige einschlägige Auszüge:

    • „Für die Durchführung der Abschlussprüfung errichtet die zuständige Stelle Prüfungsausschüsse. Mehrere zuständige Stellen können bei einer von ihnen gemeinsame Prüfungsausschüsse errichten.“ § 39 Abs. 1 BBiG
    • „Für die Durchführung der Gesellenprüfung errichtet die Handwerkskammer Prüfungsausschüsse. Mehrere Handwerkskammern können bei einer von ihnen gemeinsame Prüfungsausschüsse errichten. Die Handwerkskammer kann Handwerksinnungen ermächtigen, Gesellenprüfungsausschüsse zu errichten, wenn die Leistungsfähigkeit der Handwerksinnung die ordnungsgemäße Durchführung der Prüfung sicherstellt.“ § 33 Abs. 1 HwO
    • „Für einen Ausbildungsberuf können bei Bedarf, insbesondere bei einer großen Anzahl von Prüflingen und bei besonderen Anforderungen in der Ausbildungsordnung, mehrere Prüfungsausschüsse errichtet werden.“ § 1 Abs. 3 Musterprüfungsordnung
    • „Der Prüfungsausschuss besteht aus mindestens drei Mitgliedern. ... Die Mitglieder werden von der zuständigen Stelle für eine einheitliche Periode, längstens für fünf Jahre berufen. ... Die Mitglieder haben Stellvertreter oder Stellvertreterinnen.“ § 2 Musterprüfungsordnung, ausgewählte Sätze
    Bedarf vor Ort

    Der Bedarf nach Prüfer*innen in großen Ausbildungsberufen ist verständlicherweise besonders hoch. Hier gibt es meist mehrere Prüfungsausschüsse. Fällt ein*e Prüfer*in während einer Berufungsperiode aus, rückt in der Regel ein*e Stellvertreter*in nach, oder es findet eine Nachberufung für die laufende Periode statt. Alle diese Fragen können mit den zuständigen Stellen vor Ort geklärt werden.

    Interessent*innen für das Prüferamt sollten sich also über die Situation in ihren Berufen informieren und ihre Gewerkschaft vor Ort ansprechen.

    Ggf. kann man ein Engagement in einem verwandten Beruf oder die Berufung zum stellvertretenden Ausschussmitglied anstreben.

    "Arbeitnehmerticket" lösen

    Zusammensetzung von Prüfungsausschüssen

    Zur Zusammensetzung von Prüfungsausschüssen gibt es wiederum ähnlich lautende Regelungen im Berfugsbildungsgesetz und in der Handwerksordnung:
    „Dem Prüfungsausschuss müssen als Mitglieder Beauftragte der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer in gleicher Zahl sowie mindestens eine Lehrkraft einer berufsbildenden Schule angehören. Mindestens zwei Drittel der Gesamtzahl der Mitglieder müssen Beauftragte der Arbeitgeber und der Arbeitnehmer sein.“ § 40 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BBiG

    „Dem Prüfungsausschuss müssen als Mitglieder für zulassungspflichtige Handwerke Arbeitgeber oder Betriebsleiter und Arbeitnehmer in gleicher Zahl sowie mindestens eine Lehrkraft einer berufsbildenden Schule angehören.“ § 34 Abs. 2 Satz 1 HwO

    Vorschlagsrecht der Gewerkschaften

    „Die Beauftragten der Arbeitnehmer werden auf Vorschlag der im Bezirk der zuständigen Stelle bestehenden Gewerkschaften und selbstständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozialoder berufspolitischer Zwecksetzung berufen. ... Werden Mitglieder nicht ... vorgeschlagen, so beruft die zuständige Stelle insoweit nach pflichtgemäßem Ermessen.“ § 40 Abs. 3 Sätze 2 und 4 BBiG 

    „Die Arbeitnehmer und die Beauftragten der Arbeitnehmer der von der Handwerkskammer errichteten Prüfungsausschüsse werden auf Vorschlag der Mehrheit der Gesellenvertreter in der Vollversammlung der Handwerkskammer berufen. Vorschläge der im Bezirk der Handwerkskammer bestehenden Gewerkschaften und selbstständigen Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- und berufspolitischer Zwecksetzung sollen berücksichtigt werden.“§ 34 Abs. 4 Satz 2 und 3 HwO

    Es ist im Interesse aller engagierten Arbeitnehmer*innen, die Positionen in Prüfungsausschüssen aktiv zu besetzen. Die regionalen Geschäftsstellen der DGB-Gewerkschaften sind hier die richtigen Ansprechpartner. Die Koordination zwischen den DGB-Gewerkschaften übernehmen die DGB-Regionen.

    Prüfertätigkeit aufnehmen

    Berufung durch die zuständige Stelle

    Die zuständige Stelle (IHK, HWK, Innung) stellt dem neuberufenen Prüfungsausschussmitglied eine Berufungsurkunde mit folgenden Informationen aus:

    • Name der zuständigen Stelle
    • Name der*des Berufenen
    • Berufungszeitraum
    • Name des Prüfungsausschusses (Ausbildungsberuf / Handwerk)
    • Ausstellungsort und -tag
    • Namen und Unterschriften der Organvertreter*innen

    Gibt es für einen Ausbildungsberuf mehrere Prüfungsausschüsse, so nimmt die zuständige Stelle die Zuordnung der Prüfer*innen zu den einzelnen Ausschüssen vor. Jeder Ausschuss muss paritätisch zusammengesetzt sein und wird durch eine eindeutige Signatur gekennzeichnet.

    Rechte und Pflichten von Prüfer*innen

    • Recht auf Information
      Prüfer*innen haben ein Recht auf umfassende Information zum Prüfungsgeschehen durch die zuständige Stelle.
    • Recht auf Freistellung
      Mit der Novellierung des Berufsbildungsgesetzes zum 01.01.2020 wurde die Freistellung für Prüfende gesetzlich geregelt.
      § 40 Abs. 6a BBiG
      "Prüfende sind von ihrem Arbeitgeber von der Erbringung der Arbeitsleistung freizustellen, wenn
      1. es zur ordnungsgemäßen Durchfürhung der ihnen durch das Gesetz zugewiesenen Aufgaben erforderlich ist und
      2. wichtige betriebliche Gründe nicht entgegenstehen."
      Mit einem Rechtsanspruch auf Freistellung soll jede Behinderung bei der Ausübung des Ehrenamts sowie eine Benachteiligung wegen der Übernahme oder Ausübung des Ehrenamts vermieden werden.
      Prüfer*innen hatten schon vor der Einfügung des Abs. 6a für die Ausübung des Ehrenamts im Prüfungsausschuss Anspruch auf bezahlte Freistellung nach § 616 Bürgerliches Gesetzbuch. Diese Praxis wollte der Gesetzgeber absichern – Abs. 6a bildet damit einen eigenständigen Anspruch auf bezahlte Freistellung. Der Anspruch auf Entgelt für die Zeit der Freistellung dürfte regelmäßig im Klageverfahren durchzusetzen sein (vgl. BBiG Kommentar Thomas Lakies/Annette Malottke, 7. Auflage, § 40, Rz 40).
      Für den Zuständigkeitsbereich des Handwerks findet sich eine gleichlautende gesetzliche Formulierung in § 34 Abs. 9a HwO.
    • Recht auf Entschädigung
      Wie in anderen Ehrenämtern auch, haben Prüfer*innen Anspruch auf Erstattung ihrer baren Auslagen (z. B. Fahrtkosten) und auf eine angemessene Entschädigung für Zeitversäumnis. Die Höhe dieses Betrags hat mindestens im Umfang von § 16 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz in der jeweils gültigen Fassung zu erfolgen.
    • Verschwiegenheitspflicht
      Prüfer*innen sind in ihrem Amt zur Verschwiegenheit über alle Prüfungsvorgänge gegenüber Dritten verpflichtet. 

     (vgl. 21 Fragen zur Arbeit ehrenamtlicher Prüferinnen und Prüfer, IG Metall 2018)


Wir brauchen Dich – als Prüfer*in

Flyer zur Gewinnung von Arbeitnehmerbeauftragten für Prüfungsausschüsse

Um den Arbeitnehmerbeauftragten in den Prüfungsausschüssen ihre Ansprechpartner*innen der DGB-Region und des Berufsbildungsausschusses ihrer zuständigen Stelle namentlich bekannt zu machen und sie zur Kooperation zu animieren, haben wir einen Wegweiser erstellt.

Dieser Flyer muss bitte vor Ort – und in Abstimmung mit den zuständigen DGB-Gewerkschaften – um die regionalen Kontaktdaten (im Flyer rot) ergänzt werden.

  


Die Prüferprojekte von IG BCE, IG Metall und ver.di

Die Prüferprojekte beraten, unterstützen und qualifizieren Interessierte und aktive ehrenamtliche Prüfer*innen.

Hier geht es zu den Prüferprojekten:

IG BCE

http://www.pruefungswesen-igbce.de/pruef-mit/ich-will-pruefer-werden/

IG Metall

https://wap.igmetall.de/pruefen.htm

ver.di

https://www.pruef-mit.de/

 

 

 


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