Deutscher Gewerkschaftsbund

Grundlagen und weiteres Informationsmaterial

  • Welche Anforderungen stellt das Gesetz an eine Prüfung?

    § 1 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) legt fest, dass der Erwerb der beruflichen Handlungsfähigkeit das Ziel der Berufsausbildung ist. Folgerichtig heißt es in § 38 BBiG: „Durch die Abschlussprüfung ist festzustellen, ob der Prüfling die berufliche Handlungsfähigkeit erworben hat.“

    Berufliche Handlungen richten sich auf die Erledigung von Aufträgen oder die Bearbeitung von Projekten in einem betrieblichen und sozialen Kontext. Sie sind das Ergebnis eines Kundenwunsches, innerbetrieblicher Aufgabenstellungen oder dienen der Zuarbeit für einen komplexeren Auftrag.

    Die fachgerechte Erledigung erfordert folgende Schritte:

    • Analyse des Auftrags / der Situation,
    • Klärung der vorhandenen und benötigten Ressourcen,
    • Bereitstellung von Material und Anwendung von handlungsleitendem Wissen
      (Reproduktion vorhandenen Wissens sowie Erschließung nicht präsenter Informationen; Beschaffung materieller und immaterieller Güter),
    • Planung der erforderlichen Handlungsschritte, ggf. auch Abstimmung mit anderen Beteiligten,
    • Durchführung; d. h., Fähigkeiten (Wissen und Können) situationsgerecht einsetzen,
    • Kontrolle; Beurteilung des Handlungsergebnisses.

    Alle Schritte erfordern bestimmte fachliche, personale und soziale Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse in unterschiedlicher Ausprägung und sind notwendige Voraussetzung für die Erledigung des Auftrages. Berufliche Handlungsfähigkeit drückt sich im begründeten Handeln in komplexen Situationen aus.

    Soll also geprüft werden, inwieweit Auszubildende für die Ausübung des erlernten Berufes gerüstet sind, muss eine Prüfung die beschriebenen Handlungsschritte und ihre Dimensionen in einem ganzheitlichen Handlungszusammenhang abbilden. Der Kontext, in dem die Aufgabenerledigung vollzogen wird, ist demzufolge mitzuberücksichtigen.

    Für die Berufsabschlussprüfung bedeutet dies: Die Prüfung muss

    • eine typische, für den Beruf relevante Situation darstellen,
    • alle Dimensionen beruflicher Handlungen berücksichtigen (in der erforderlichen berufstypischen Ausprägung),
    • Gelegenheit für eine vollständige, in sich schlüssige Handlung bieten und
    • Raum für die Begründung der gewählten Lösung geben.

    (vgl. Handbuch für Prüfende in der beruflichen Bildung, ver.di, 2021)

  • Errichtung von Prüfungsausschüssen

    Die Errichtungsmodalitäten sind im Berufsbildungsgesetz (BBiG) in den §§ 39 und 40 sehr präzise geregelt. Für die Errichtung von Prüfungsausschüssen im Handwerk finden sich die Regelungen in den §§ 33 und 34 der Handwerksordnung (HwO). Angesiedelt ist der Prüfungsausschuss bei der jeweiligen Kammer (z. B. der örtlich zuständigen Handwerkskammer) als deren Organ.

    Der Prüfungsausschuss besteht aus mindestens drei Mitgliedern, die die erforderliche Sachkunde und Eignung aufweisen müssen (§ 40 Abs. 1 BBiG / § 34 Abs. 1 HwO). Er ist paritätisch zu besetzen, d. h. die Zahl der Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeauftragten muss identisch sein (§ 40 Abs. 2 S. 1 BBiG / § 34 Abs. 2 S. 1 HwO) und mindestens zwei Drittel der Gesamtzahl der Mitglieder umfassen. Außerdem gehört dem Prüfungsausschuss mindestens eine Lehrkraft einer berufsbildenden Schule an (§ 40 Abs. 2 S. 1 BBiG / § 34 Abs. 2 S. 1 HwO).

    Mit dieser gesetzlich vorgeschriebenen, streng paritätischen Besetzung hat der Gesetzgeber der gesellschaftspolitischen Überlegung entsprochen, dass die Berufsausbildung in gleicher Weise von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite verantwortet wird. Sie findet sich im Übrigen auch bei der Besetzung anderer Gremien wieder (z. B. Berufsbildungsausschuss). Die Hinzuziehung mindestens einer Lehrkraft der berufsbildenden Schulen ist Ausdruck der dem dualen Bildungssystem innewohnenden gemeinsamen Verantwortung von Ausbildungsbetrieb und Berufsschule für die ordnungsgemäße Durchführung der Ausbildung. 

    Die Arbeitgeberbeauftragten werden von der zuständigen Stelle selbst bestimmt, während die Arbeitnehmerbeauftragten auf Vorschlag der Gewerkschaften bzw. sonstigen selbstständigen Arbeitnehmervereinigungen und das Lehrpersonal von der Kammer im Einvernehmen mit der zuständigen Schulaufsicht berufen werden (§ 40 Abs. 3 S. 1 BBiG).

    Im Bereich der Handwerksordnung werden die Arbeitgeberbeauftragten von der zuständigen Stelle ebenfalls selbst bestimmt. Die Lehrkraft einer berufsbildenden Schule wird im Einvernehmen mit der Schulaufsichtsbehörde berufen. Die Arbeitnehmerbeauftragten werden auf Vorschlag der Mehrheit der Gesellenvertreter*innen in der Vollversammlung der Handwerkskammer berufen – sofern die Prüfungsausschüsse von der Handwerkskammer errichtet werden (§ 34 Abs. 4 HwO).

    Sind Handwerksinnungen ermächtigt Prüfungsausschüsse zu errichten, werden die Arbeitgeberbeauftragten von der Innungsversammlung gewählt und die Arbeitnehmerbeauftragten vom Gesellenausschuss. Für die Berufung der Lehrkraft wird, nach Vorschlag der Schulaufsichtsbehörde, die Handwerksinnung angehört. (§ 34 Abs. 5 HwO)

    Transparenz durch Berufungslisten

    In der Vergangenheit wurde immer wieder beklagt, dass zuständige Stellen im Berufungsverfahren teilweise nach Gutdünken Personen in Prüfungsausschüsse berufen haben, ohne sich an die Vorschlagslisten der vorschlagsberechtigten Stellen, sprich der Gewerkschaften, zu halten. Weiterhin erfolgte nur selten eine Rückmeldung der zuständigen Stellen an die Gewerkschaften, welche Personen tatsächlich berufen wurden.

    Hier hat das Berufsbildungsgesetz und die Handwerksordnung erfreulicherweise Abhilfe geschaffen, indem die für die Berufung von Prüfungsausschussmitgliedern Vorschlagsberechtigten, also auch die Gewerkschaften, von der zuständigen Stelle darüber zu unterrichten sind, welche der von ihnen vorgeschlagenen Mitglieder, Stellvertreter*innen sowie weiteren Prüfer*innen berufen wurden (§ 40 Abs. 5 S. 2 BBiG / § 34 Abs. 8 S. 2 HwO).

    Zudem sind die Vorschlagsberechtigten über die Anzahl und die Größe der einzurichtenden Prüfungsausschüsse sowie die Zahl der von ihnen vorzuschlagenden weiteren Prüfer*innen ebenfalls zu unterrichten (§ 40 Abs. 5 S. 1 BBiG / § 34 Abs. 8 S. 1).

    (vgl. Handbuch für Prüfende in der beruflichen Bildung, ver.di, 2021)

    Die operative Ausgestaltung dieser "Transparenzregelung" sollte zwischen den Berufsbildungsausschüssen und den zuständigen Stellen vereinbart werden.
    Die "BBA-Info" dazu kann von Arbeitnehmervertreter*innen in den Berufsbildungsausschüssen über das Kontaktformular angefordert werden.

    Für den Zuständigskeitsbereich des Handwerks haben der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) und der Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH) eine Umsetzungshilfe erarbeitet, um eine gemeinsame Grundlage für eine konstruktive Zusammenarbeit aller an der Benennung von Prüfer*innen Beteiligten zu schaffen (siehe Downloadbereich am Ende der Seite).

    Die bewährte Zusammenarbeit bei den Handwerkskammerwahlen mit dem Kolpingwerk Deutschland möchten wir auch für die Benennung und Gewinnung von Prüfer*innen nutzen und haben dies in einer gemeinsamen Erklärung zum Ausdruck gebracht (siehe Downloadbereich am Ende der Seite).

  • Aufgaben des Prüfungsausschusses

    Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und die Ausbildungsordnungen geben vor, wie und was zu prüfen ist und von wem die Prüfung zu organisieren ist.

    Die Hauptaufgabe, d. h. die inhaltliche und formale Gestaltung der Prüfung, fällt dem Prüfungsausschuss zu. (Lediglich) Die Organisation der Prüfung und des vom Prüfungsausschuss festgelegten Prüfungsablaufes ist Aufgabe der zuständigen Stellen (Kammern).

    Bereits vor der Abnahme der Prüfung hat der Prüfungsausschuss eine Reihe von Aufgaben zu erledigen und Beschlüsse zu fassen:

    • Entscheidung über die Zulassung zur Prüfung, wenn die zuständige Stelle Zweifel hat, ob die Zulassungsvoraussetzungen erfüllt sind. Hat die zuständige Stelle keine Zweifel, so spricht sie die Zulassung unmittelbar aus. Im Handwerk entscheidet der Prüfungsausschussvorsitzende über die Zulassung zur Prüfung.
    • Die Gewährung von Nachteilsausgleich: Prüflinge können beantragen, dass zum Ausgleich (nachgewiesener) individueller Beeinträchtigungen organisatorisch oder technisch Abhilfe geschaffen wird. Das kann von verlängerten Prüfungszeiten über besondere Hilfsmittel bis zur Unterstützung durch Vertrauenspersonen reichen.
    • Entscheidung über Anträge auf Befreiung bzw. Anerkennung von Prüfungsteilen bzw. einzelner Prüfungsbereiche sowie Prüfungsleistungen, wenn entsprechende Vorleistungen (z. B. abgeschlossene Berufsausbildung in verwandten Berufen) erbracht wurden.
    • Beschluss über Prüfungsaufgaben und die gesamte Prüfung, wenn keine nach § 47 BBiG zentral erstellten Aufgaben bzw. Prüfungen vorliegen.
    • Beschluss über Regelungen zur Aufsichtsführung während der Prüfung, die sicherstellen, dass die Prüfung ordnungsgemäß durchgeführt werden kann (selbstständig und mit den erlaubten Hilfsmitteln).
    • Regelungen zur Organisation und Bewertung der Prüfungsleistungen, z. B.:
      • Einsatz einer Prüfer*innendelegation,
      • Einholung gutachterlicher Stellungnahmen (Korrekturassistenz),
      • Übertragung der Bewertung auf zwei Mitglieder des Prüfungsausschusses,
      • Genehmigung des Projektarbeitsthemas bzw. des betrieblichen Auftrages.

    Während des Prüfungsablaufes (eigentliche Prüfungsdurchführung an einem Prüfungsort) hat der Prüfungsausschuss folgende Aufgaben zu erledigen und Beschlüsse zu fassen:

    • Abnahme und Bewertung sog. flüchtiger Prüfungsleistungen (dabei muss der gesamte Prüfungsausschuss anwesend sein); dazu zählen: 
      • situative Gesprächsphasen,
      • Gesprächssimulationen,
      • fallbezogene, situative, auftragsbezogene Fachgespräche sowie
      • Präsentationen.
    • Aufsichtsführung während der (nicht mündlichen) Prüfungsphasen (z. B. durch einzelne Prüfungsausschuss-Mitglieder), wenn der Prüfungsausschuss diese Aufgabe nicht der zuständigen Stelle (Kammer) übertragen hat.

    Nach der Prüfung, d. h. wenn alle (schriftlichen, mündlichen und praktischen) Prüfungsleistungen erbracht wurden, hat der Prüfungsausschuss weitere Aufgaben zu erledigen und Beschlüsse zu fassen:

    • Bewertung der sog. nichtflüchtigen Prüfungsleistungen (schriftliche Prüfungen, Arbeitsproben usw.),
    • Entscheidung über Prüfungsausschlüsse bei (dokumentierten) Täuschungshandlungen,
    • Feststellung einzelner Prüfungsergebnisse (ggf. Übernahme der Ergebnisse von Prüfer*innendelegationen) und des Gesamtergebnisses (durch Unterzeichnung der Niederschriften einzelner Prüfungsteile sowie der Prüfung insgesamt),
    • Feststellung, ob die Prüfung insgesamt bestanden wurde; wird von der*dem Prüfungsausschussvorsitzenden durch Unterzeichnung eines entsprechenden Formulars bescheinigt,
    • Entscheidung über Anträge auf Zulassung zu einer mündlichen Ergänzungsprüfung, z. B. wenn ein Prüfungsbereich mit mangelhaft bewertet wurde und die Ergänzungsprüfung für das Bestehen der gesamten Prüfung den Ausschlag geben kann.


    (vgl. Handbuch für Prüfende in der beruflichen Bildung, ver.di, 2021)

  • Welche Anforderungen werden an Prüfer*innen gestellt?

    Prüfer*innen erfüllen eine höchst verantwortungsvolle Funktion im beruflichen Prüfungswesen. Sie treffen Entscheidungen über den Zugang zu Berufen. Ihre Beurteilungen tragen zur Qualitätsmessung im gesamten System der beruflichen Bildung bei. Schon daraus ergeben sich hohe Anforderungen an jede*n einzelne*n Prüfer*in. Die wichtigste Anforderung an Prüfer*innen ist ohne Zweifel das Interesse und das Engagement für diese verantwortungsvolle Arbeit.

    Prüfer*innen nehmen ihre Aufgaben immer im Rahmen eines paritätisch besetzten Teams wahr, wodurch der Gesetzgeber eine wirksame Ebene zur gegenseitigen Unterstützung und Kontrolle eingerichtet hat. Dennoch hat jede*r Interessent*in den Wunsch zu prüfen, ob sie oder er den Anforderungen an eine Prüfertätigkeit gewachsen ist.

    Die Gewerkschaften formulieren vier unterscheidbare Anforderungsbereiche:

    • fachliche
    • formale
    • charakterliche und
    • pädagogische Anforderungen
    Fachliche Anforderungen

    Grundlegende, fachliche Anforderungen werden wortgleich im § 40 Abs. 1 Berufsbildungsgesetz (BBiG) und § 34 Abs. 1 Handwerksordnung (HwO) formuliert:
    „Der Prüfungsausschuss besteht aus mindestens drei Mitgliedern. Die Mitglieder müssen für die Prüfungsgebiete
    sachkundig und für die Mitwirkung im Prüfungswesen geeignet sein.“

    In der Handwerksordnung werden die fachlichen Anforderungen an die Arbeitnehmerbeauftragten in § 34 Abs. 3 Sätze 3 und 4 HwO noch präziser gefasst:
    „Die Arbeitnehmer und die Beauftragten der Arbeitnehmer müssen die Gesellenprüfung in dem zulassungspflichtigen oder zulassungsfreien Handwerk oder in dem handwerksähnlichen Gewerbe, für das der Prüfungsausschuss errichtet ist, oder eine entsprechende Abschlussprüfung in einem anerkannten Ausbildungsberuf nach § 4 des Berufsbildungsgesetzes bestanden haben und in diesem Handwerk oder in diesem Gewerbe tätig sein. Arbeitnehmer, die eine entsprechende ausländische Befähigung erworben haben und handwerklich tätig sind, können in den Prüfungsausschuss berufen werden.“

    Formale Anforderungen

    Die formalen Anforderungen an die Prüfer*innen ergeben sich in erster Linie aus dem ehrenamtlichen Charakter dieser Tätigkeit. Gleichlautend finden sich im § 40 Abs. 6 BBiG, § 34 Abs. 9 HwO sowie in den örtlichen Prüfungsordnungen (dort § 2) die Sätze:
    „Die Tätigkeit im Prüfungsausschuss ist ehrenamtlich. Für bare Auslagen und für Zeitversäumnis ist, soweit eine Entschädigung nicht von anderer Seite gewährt wird, eine angemessene Entschädigung zu zahlen, deren Höhe von der zuständigen Stelle mit Genehmigung der obersten Landesbehörde festgesetzt wird. Die Entschädigung für Zeitversäumnis hat mindestens im Umfang von § 16 des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zu erfolgen.“ 

    Eine wesentliche Voraussetzung ist die Unterzeichnung einer Verschwiegenheitserklärung, die alle Prüfungsvorgänge sowie personenbezogenen Daten betrifft. Regelungen dazu finden sich in den Prüfungsordnungen der zuständigen Stellen vor Ort.

    Charakterliche Anforderungen

    Situationen, in denen Prüflinge und Prüfer*innen direkt aufeinander treffen, z. B. in einem Fachgespräch, sind durch asymmetrische Machtverteilung gekennzeichnet. Das ist auch die Hauptursache für die weit verbreitete Prüfungsangst. Mit der durch das Amt und auf Zeit verliehenen Macht verantwortungsvoll und bewusst umzugehen, ist die zentrale charakterliche Anforderung an Prüfer*innen.

    Die folgenden Fragen zur Selbstreflexion können helfen, sich konstruktiv auf die Prüfer*innentätigkeit einzustellen.

    • Mit welcher Motivation gehe ich in eine Prüfung? Wie fühlt sich diese „Macht“ für mich an?
    • Bin ich gegenüber einem Prüfling oder einer Gruppe von Prüflingen befangen?
    • Habe ich Vorurteile gegenüber einem Prüfling oder einer Gruppe von Prüflingen?
    • Wie wirke ich durch Haltung, Mimik, Gestik und Sprache auf die Prüflinge?

    Nicht die eigene Profilierung darf im Mittelpunkt stehen, sondern die Bewertung der Leistung des Prüflings.

    Pädagogische Anforderungen

    Prüfungen im beruflichen Bildungssystem stehen am Ende eines komplexen, mehrjährigen Lehr- und Lernprozesses. Ihr zentraler Gegenstand ist die Feststellung der beruflichen Handlungskompetenz. Arbeitnehmervertreter*innen in Prüfungsausschüssen sind Expert*innen der beruflichen Praxis und somit nahe an den beruflichen Handlungsabläufen. Moderne Ausbildungsordnungen definieren ganz gezielt geeignete Prüfungsinstrumente zur Messung der beruflichen Handlungskompetenz.

    Die pädagogische Herausforderung für Prüfer*innen besteht darin, die Prüfungsinstrumente sicher zu beherrschen. Je nach Situation geht es darum, ein Gespräch zu führen, Fragen zu stellen, gut zu beobachten, in eine Rolle zu schlüpfen, sich in den konkreten Fachzusammenhang hineinzudenken. Der Prüfling muss die Möglichkeit bekommen, seine Fähigkeiten demonstrieren zu können. Prüfer*innen müssen sich über die Beurteilungskriterien und Bewertungsmaßstäbe im Klaren sein. Sie können sich dabei an Best Practices orientieren, sind jedoch in der konkreten Anwendung autonom.

    (vgl. 21 Fragen zur Arbeit ehrenamtlicher Prüferinnen und Prüfer, IG Metall 2018) 

  • Inklusion im Prüfungswesen

    Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) und die Handwerksordnung (HwO) bieten inklusionsorientiere Rechtsgrundlagen für die duale Ausbildung für Menschen mit Behinderung.
    Priorität hat immer die Ausbildung in anerkannten Ausbildungsberufen - so steht es in § 64 BBiG / § 42k HwO.

    Begriffsbestimmung im Sozialgesetzbuch (SGB IX § 2 Abs. 1)
    "Menschen mit Behinderungen sind Menschen, die körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, die sie in Wechselwirkung mit einstellungs- und umweltbedingten Barrieren an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate hindern können. Eine Beeinträchtigung nach Satz 1 liegt vor, wenn der Körper- und Gesundheitszustand von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht. Menschen sind von Behinderung bedroht, wenn eine Beeinträchtigung nach Satz 1 zu erwarten ist."

    Damit ein regulärer Ausbildungsberuf erlernt werden kann, ist es notwendig, dass sowohl in der Ausbildung selbst und auch in den Prüfungen alle Unterstützungsangebote geprüft werden, die es für Menschen mit Behinderung gibt.
    Im BBiG und in der HwO sind die Anwendung des sog. Nachteilsausgleichs geregelt und das Instrument der Ausbildungsregelung für Menschen mit Behinderung.
    Mehr zu Ausbildungsregelungen für Menschen mit Behinderung unter der Rubrik: Berufsbildungsausschüsse

    Liegt eine Behinderung nach der - sehr weit gefassten - Definition im SGB IX § 2 Abs. 1 vor, kann in der Prüfung ein Nachteilsausgelich gewährt werden.
    Bei der Anmeldung zur Prüfung muss auf das Vorliegen einer Behinderung hingewiesen werden, wenn diese bei der Durchführung der Prüfung berücksichtigt werden soll. Grundlage für diese Feststellung können u. a. ärztliche und psychologische Stellungnahmen sowie andere differenzierte Befunde amtlicher Stellen, wie z. B. die der Träger der beruflichen Rehabilitation, sein.

    Die Bandbreite möglicher Beeinträchtigungen ist sehr groß und auch die Palette von Möglichkeiten Nachteilsausgleich. Nachteilsausgleich kann u.a. in Form von:

    • Personeller Unterstützung (z.B. vertraute Person, Gebärdensprachdolmetscher*in)
    • Technischen Hilfen (z.B. spezielle Möbel, technische Hilfsmittel)
    • Anpassungen der Aufgabenstellung (z.B. Aufgaben vorlesen, Aufgaben erklären, mündlich/schriftlich flexibel handhaben)
    • Anpassungen der Räumlichkeiten (z.B. gewohnte Umgebung, barrierefreier Raum)
    • Anpassungen der Zeitstruktur (z.B. Zeitverlängerung, flexible Pausen)

    gewährt werden.

    Prüfungsausschussmitglieder sollten sich daher sehr genau mit der Beeinträchtigung befassen. Es gibt keinen allgemeinen Nachteilsausgleich, dieser muss sich immer individuell an der persönlichen Beeinträchtigung ausrichten. Es liegt in der Verantwortung des Prüfungsausschusses den richtigen Nachteilsausgleich zu wählen um den zu Prüfenden damit bestmöglich zu untersützen. Die notwendigen Informationen dazu kann sich der Prüfungsausschuss über die zuständige Stelle, ggf. beim zu Prüfenden selbst oder beim Ausbildungsbetrieb einholen.

    Das Bundesintitut für Berufsbildung (BIBB) bietet in seinem Handbuch "Nachteilsausgleich für behinderte Auszubildende" anwendungsbezogende Lösungsvorschläge und Fallbeispiele von ausgewählten Behinderungsarten und Nachteilsausgleichen.

    Ver.di hat in der Broschüre "Inklusion im Prüfungswesen" beispielhaft Menschen zu Wort kommen lassen, die aus ganz unterschiedlichen Blickwinklen auf die Diversität von Prüfungsteilnehmer*innen schauen.

  • Wo finden Prüfer*innen Beratung und Qualifizierung für ihr Ehrenamt?

    Die Tätigkeit der Prüfer*innen ist sehr verantwortungsvoll und stellt eine Vielzahl hoher Anforderungen. Einen fest vorgeschriebenen Qualifizierungsweg gibt es nicht, aber es gibt viele verschiedene Unterstützungsangebote.

    Allen ehrenamtlichen Akteuren im beruflichen Prüfungswesen stehen die Angebote der zuständigen Stellen und zentraler Institution, wie z. B. des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), offen.

    Im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) entwickelt und betreibt das Bundesinstitut für Berufsbildung das Prüferportal. Es versteht sich als Informations- und Kommunikationsplattform für aktive und zukünftige Prüfer*innen. Das Prüferportal bietet Informationen rund um das Prüfungswesen, das Prüfungsrecht, Veranstaltungshinweise und Materialien. Auch besteht die Möglichkeit, sich mit anderen Prüfer*innen auszutauschen sowie Expertenanfragen zu stellen. 
    Prüferprotal (BIBB)

    Für Arbeitnehmervertreter*innen in Prüfungsausschüssen halten die Gewerkschaften eigene Beratungsstrukturen und Qualifizierungsnetzwerke vor. Dabei erhalten sie finanzielle Förderung durch das BMBF.

    Auf Prüf mit! finden sich spannende Informationen zu den geförderten Projekten, rund um das Prüfer*innenehrenamt und entsprechende Seminarangebote.

Die Handbücher für Prüfende bieten den ehrenamtlichen Prüfer*innen wertvolle Unterstützung bei der Ausübung ihres Ehrenamt.


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